Releasetermin: 23.03.2018

 

Medientyp: Blu-ray Disc, Download
Genre: Adventure
Entwickler: Hazelight Studios
Herausgeber: Electronic Arts

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Ein actionreicher Gefängnisausbruch als packendes Koop-Abenteuer an der Konsole oder dem PC? Zwar sind die Hazelight Studios in ihrer aktuellen Konstellation noch ein recht unbeschriebenes Blatt, mit Electronic Arts haben sie für ihr Debüt namens A Way Out aber einen der größten Videospielpublisher überhaupt im Rücken. Dieses Vertrauen kommt vermutlich durch das von Kritikern gefeierte Brothers – A Tale of Two Sons, an dem der Großteil der Entwickler noch als Teil der Starbreeze Studios gearbeitet hat. Großes Potenzial birgt A Way Out also durchaus, zudem wirkt der virtuelle Knastausbruch in einer 2-Spieler-Variante ziemlich unverbraucht. Ob das Vorhaben gelungen ist, klärt der folgende Test.

Zwei Seelen, ein Ziel

Vincent Moretti – 43 Jahre – Betrug, Unterschlagung, Mord. Leo Caruso – 36 Jahre – Bewaffneter Raubüberfall, Körperverletzung, schwerer Diebstahl. Obwohl sich die beiden Häftlinge erst in einer Strafanstalt in Nordkalifornien kennenlernen, merken sie schnell, dass sie das gleiche Ziel haben: möglichst schnell aus dem Gefängnis ausbrechen. Auch ein gewisser Verbrecher namens Harvey stellt eine Verbindung zwischen den beiden Straftätern her, da sowohl Leo als auch Vincent einzig wegen seiner hinterhältigen Aktionen inhaftiert worden sind. Als Vincent im Gefängnis ankommt, hat Leo sein Entkommen schon fest geplant – die tatkräftige Unterstützung aus seiner Nachbarzelle kommt aber wie gerufen.

Um A Way Out spielen zu können, braucht ihr also zwingend einen weiteren Spieler – eine Solo-Variante mit KI-Partner gibt es nicht. Ob ihr das Abenteuer lieber im lokalen Couch-Koop oder über das Internet bestreiten wollt, bleibt euch aber frei überlassen. Die Darstellung ist in beiden Fällen exakt gleich: auch online wird A Way Out mit einem dynamischen Splitscreen präsentiert, sodass beide Spieler (fast) immer das volle Geschehen betrachten können. Aus inszenatorischen Gründen eine hervorragende Entscheidung, da Hazelight nicht nur hervorragend mit den Möglichkeiten der Bildschirme spielt, sondern auch gegenseitige Absprachen beider Spieler vereinfacht werden. Außerdem bietet die Online-Multiplayer-Variante ein Feature, dass ich gerne öfter sehen würde. Es muss nämlich nur ein Spieler das Spiel kaufen, euer Partner kann sich die kostenlose Trial-Version herunterladen und eurer Session über eine simple Einladung beitreten. Stark!

Der Ausbruch ist nur die halbe Miete

Das Gefängnisleben wird schnell porträtiert – gewalttätige Fieslinge, Vertrauensschwierigkeiten und die kühle Atmosphäre wecken auch im Spieler den Wunsch nach Freiheit. Wer jetzt aber erwartet, 90 Prozent des Spiels mit der Planung und Durchführung des Ausbruchs beschäftigt zu sein, wird überrascht: die anschließende Flucht mit Harvey-Rachestory ist tatsächlich der größere Teil des Spiels. Für mich hätte der Zellenalltag ruhig noch etwas umfangreicher gezeigt werden können, da auch Nebencharaktere oder Beziehungen zu Wärtern viel zu kurz kommen. Andererseits ist die Entscheidung der Entwickler aber nachvollziehbar, schließlich können beim anschließenden Entkommen zahlreiche neue Schauplätze und Szenarien in die Handlung integriert werden.

Und weil ein solcher Ausbruch mit darauffolgender Flucht ein sehr turbulentes Abenteuer sein muss, ist auch A Way Out ein sehr abwechslungsreicher Genre-Mix geworden. Der Großteil findet im Adventure-Stil statt: hier führt ihr beeinflussbare Dialoge mit anderen Charakteren, löst kleinere Rätsel und werdet auch mal in den ein oder anderen Kampf verwickelt. Hier kommen dann die Quick-Time-Events zum Einsatz, denen Spieler von A Way Out besser nicht abgeneigt sein sollten. Diese sind nie wirklich schwierig oder kompliziert, unterstützen das Koop-Gameplay des Spiels aber mit Bravour. Zwischendurch tragen beide Charaktere zum Beispiel an ganz unterschiedlichen Orten kämpferische Auseinandersetzungen aus, die aber letztendlich noch zusammengeführt werden – hier spielt A Way Out seine Stärken in der Inszenierung klar aus.

Nur für Teamplayer

Zusammenarbeit ist aber auch in anderen Situationen von Wichtigkeit. Zum Beispiel wenn Vincent die Krankenschwester ablenken muss, damit Leo unbemerkt eine Flachfeile entwenden kann. Oder beim Ausbruch aus der Zelle – hier muss immer ein Häftling Wache stehen, damit der andere am Weg durch die Wand arbeiten kann. Dieses gemeinsame Vorgehen, Beraten und Aushelfen gehört zu den unterhaltsamsten Stellen im Spiel. Schade daher, dass solche Szenen gelegentlich viel zu linear ablaufen – ein bisschen mehr spielerische Freiheit wäre wünschenswert gewesen. Dafür gibt es spielerische Variationen: kurzer Rennspiel-Ausflug bei einer Flucht vor Polizeiautos, Geschicklichkeits-Spielchen und ein kleine Exkurs zum Third-Person-Shooter gegen Ende des Spiels. Natürlich darf man hier keinen Tiefgang wie in „vollwertigen“ Spielen der einzelnen Genres erwarten. Die Fahrphysik bei der Verfolgungsjagd ist zweckmäßig, in Schleichsektionen fehlen die taktischen Gadgets eines Hitman oder Ghost Recon und auch als Shooter macht A Way Out nur eine mittelmäßige Figur. Ein Uncharted, das ähnlich verschiedene Spielabschnitte kombiniert, kann hier durchgängiger unterhalten.

Doch da A Way Out wirklich verschiedene Aspekte abdeckt und so für Abwechslung sorgt, sind solche Kritikpunkte schnell verziehen – mit meinem Koop-Kollegen konnte ich mich über solche Kleinigkeiten eher amüsieren. Auch die Grafik, die manchmal etwas mehr Feinschliff, etwa durch bessere Animationen oder detailreichere Kulissen, verdient hätte, spielt dank atmosphärischer Schauplätze noch auf recht hohem Niveau. Problematischer sind hingegen erzählerische Mängel. Die Hazelight Studios versuchen zwar, sowohl Leo als auch Vincent emotionale Familienhintergründe zu verpassen, verwenden aber zu wenig Zeit für differenzierte Charakterisierung der Figuren. Als Resultat wirken die gefühlsbetonten Momente etwas aufgesetzt. Das liegt zusätzlich daran, dass A Way Out keine durchgängige Stimmungslinie besitzt. Die vielmals eingestreuten Mini-Spiele – etwa Darts, Klavier spielen oder Armdrücken – sorgten zwar für Unterhaltung während des Spielens, kratzten aber an der Glaubwürdigkeit des restlichen Abenteuers. Hätte sich A Way Out auch abseits dieser Momente etwas weniger ernst genommen, hätte das Gesamtkonzept vermutlich besser funktioniert.

Die Sache mit der letzten Stunde

Insgesamt wird euch A Way Out rund sechs Stunden beschäftigen, den Wiederspielwert schätze ich trotz leicht unterschiedlicher Enden eher gering ein. Angesichts des Preises von etwa 30 Euro war ich mit der gebotenen Länge aber sehr zufrieden. Leider haben die Entwickler für die letzte Stunde des Spiels einige sehr fragwürdige Entscheidungen getroffen. In der Regie fährt man hier eindeutig zur Höchstform auf und reiht eine Action-Szene an die Nächste – Wechsel zwischen vollem und geteiltem Bildschirm, gemeinsamen und alleinigen Aktionen sorgten für meine gebannte Aufmerksamkeit. Doch ein entscheidender Plot-Twist, den ich nicht weiter beschreiben möchte, kratzt sehr stark an der Glaubwürdigkeit des Spiels und wirkt sehr absurd – beim Ende blieb ich entsprechend leicht fassungslos zurück. Vermutlich wollten die Entwickler der Geschichte eine ganz eigene Note verpassen. Gefängnisausbrüche wurden in Film und Fernsehen schließlich schon zuhauf behandelt, sodass große Teile der Geschichte von A Way Out schon fast zu gewöhnlich wirken. Stattdessen geht der Versuch aber gewaltig nach hinten los und wird zu einer weiteren Schwäche in der Geschichte von A Way Out.

Wertung im Einzelnen
Story
6.5
Grafik
8
Gameplay
7
Inszenierung
8.5
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