Auch wenn leider viele VR-Spiele nur über wenige nennenswerte Qualitäten verfügen und offensichtlich nur das schnelle Geld einbringen sollen, kommt immer mal wieder auch ein richtig tolles Spiel daher. Gerade in den letzten Wochen sind immer mehr gelungene Titel erschienen, die das VR-Aufgebot langsam aber sicher immer weiter aufwerten. Arizona Sunshine gehörte sicherlich zu den interessantesten Spielen des letzten Jahres. Schon vor Release der HTC Vive und Oculus Rift schlug eine Alpha-Version Wellen und sorgte für Vorfreude bei Zombie-Fans im VR-Lager. Zwar hat es letztendlich etwas gedauert, bis das finale Spiel endlich verfügbar war. Seit Anfang Dezember ist es nun aber erhältlich und für viele Besitzer von VR-Headsets stellt sich die Frage, ob der gruselige Ausflug nach Arizona es wert ist. So viel vorweg: Der Survival-Shooter von Vertigo Games zählt unumstritten zu den Highlights der VR-Welt auf dem PC.
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Dutzende Spiele lassen uns auf virtuelle Kreaturen schießen. Doch während wir dies bisher immer mit gewöhnlichen Controllern mit Hilfe von Analog-Sticks vollzogen haben, stehen Entwicklern nun dank ausgeprägter Virtual Reality-Technik ganz andere Möglichkeiten zur Verfügung. Es ist jedenfalls ein ganz anderes Gefühl, mit den eigenen Armen auf Monster zu zielen und den Abzug zu drücken. Das simple Schießen stellte für mich in Arizona Sunshine tatsächlich den größten Spaß dar. Wir finden uns in aufwendig gestalteten Umgebungen wieder und müssen in einem Level voranschreiten. Doch sind in den Arealen Zombies verteilt, die dem Spieler an den Kragen wollen. Die Interaktion der beiden Hände regelt sämtliches Spielgeschehen. Ganz natürlich greifen wir nach Waffen in der Umgebung, um diese aufzuheben. Ich habe das Spiel auf der HTC Vive gespielt und es ist ein faszinierendes Gefühl, Waffen in der Hand zu halten. Die Form der Vive-Controller gaukelt einen Waffengriff gut vor und so wird der Trigger zum erschreckend realistischen Abzug.
Das Gefühl, auf virtuelle, heran stürmende Untote zu schießen, ist verdammt gut umgesetzt. Die Zombies fallen nach einem präzisen Treffer leblos um, was mich als Spieler stets durchschnaufen ließ. Obwohl die Monster nämlich nur selten in großen Scharen kommen, üben selbst einzelne Wesen eine beeindruckende Präsenz im virtuellen Raum aus. Halte ich die Viecher auf Distanz, hält sich das Gefühl der Bedrohung in Grenzen. Doch lasse ich die Feinde an mich herankommen, stehen mir nicht selten die Haare zu Berge. Die Kreaturen sind im positiven Sinne scheußlich gestaltet und überzeugen mit realistischem Look. Die räumliche Gestaltung ist wahrlich gelungen und so begegne ich den Zombies auf Augenhöhe. Die VR-Umsetzung ist fantastisch ausgefallen und präsentiert eine schaurig schöne Spielwelt, die zwar von Aliasing geplagt ist, wenn man nicht gerade das Supersampling hochdreht, aber optisch zum besten auf der Vive gehört. Die Grafik lässt sich auch auf den Minimum-Leistungsanforderungen wirklich sehen, doch bedarf es teurer Hardware, um das Spiel auch wirklich im hübschesten Gewand zu Gesicht zu bekommen.
Doch zurück zum Spiel. Fortbewegung ist in VR stets ein heikles Thema und so hat sich Entwickler Vertigo Games dazu entschieden, eine Teleportationsmechanik zu implementieren. Wir bewegen uns in den weitestgehend linearen Gebieten per Teleportation fort, was für den Großteil der Spieler einen hohen Spielekomfort bedeuten dürfte. Motion Sickness dürfte nur die wenigsten betreffen. Zudem wurde nun per kostenlosem Update eine „Lauf“-Mechanik implementiert. Über das Touchpad des Vive-Controllers, alternativ über die Analogsticks der Oculus Touch-Controller, können Spieler eine Fortbewegungsmethode mit künstlichem Laufen kontrollieren. Dieses Steuerungsschema kann viele Spieler nicht nur ins Wanken bringen, sondern gar für Kopfschmerzen und Übelkeit sorgen. Wer sich allerdings in VR zuhause fühlt und mit der künstlichen Fortbewegung zurechtkommt, wird dieses neue Feature zu schätzen wissen. Die Teleportation nimmt mir stets ein wenig das Immersionsgefühl, sodass ich mich sehr darüber freue, nun auch mit normaler Laufgeschwindigkeit durch die Gebiete streifen zu können. Eine Handvoll Einstellungsmöglichkeiten sind gegeben, um beispielsweise die Laufrichtung von der Handhaltung oder der Kopfbewegung abhängig zu machen. Auch kann z.B. der Komfort für Rotationen verändert werden, sodass hoffentlich ein Großteil der Spieler die Laufmechanik zumindest ausprobieren wird.
In der Spielwelt verteilt sind nicht nur diverse Sammelobjekte und Fortschrittsrelevante Gegenstände, sondern natürlich auch Waffen. Verschiedene Pistolen, Maschinengewehre, Schrotflinten, Scharfschützengewehre oder Granatwerfer lassen sich finden. Die Benutzung der virtuellen Waffen ist simpel und fällt intuitiv aus. Das Zielen funktioniert erstaunlich präzise und so lassen sich mit etwas Übung auch auf große Distanzen Kopfschüsse verteilen. Die Entwickler haben sich ein besonderes Inventar- und Nachlade-System ausgedacht. Schauen wir an unserem Körper herunter, sehen wir zwei transparente Ringe um uns herum. Auf diesen Streifen, die sich auf Hüft- und Brusthöhe befinden, können wir Waffen verstauen. Insgesamt zwei Waffen können wir auf diese Weise auf dem unteren Ring mit uns führen – gemeinsam mit den beiden in unseren Händen tragen wir also bis zu vier Waffen bei uns. Der obere Ring hingegen kann mehrere Granaten halten.
Das Wechseln der Waffe ist denkbar einfach: Hand mit Waffe über den Streifen gehalten und per Knopfdruck tauschen das Exemplar in der Hand und die verstaute Variante die Position. Auch wenn ich selten Probleme damit hatte, einen Waffenwechsel im ersten Versuch abzuwickeln und somit in hitzigen Situationen durchaus einmal Panik verursachte, ist dieses Inventar-System gelungen.
Noch einfacher funktioniert das Konzept um Munition. Schauen wir an unserer Spielfigur nach unten, ist dort mittig sämtliche Munition verfrachtet. Finden wir neue Magazine, lassen wir diese einfach über unserem Bauch in das Munitionsaugebot herein plumpsen. Das funktioniert nach wenigen Minuten so gut, dass ich nicht einmal auf das Munitionslager schauen musste, um neue Kugeln gut platziert zu verstauen. Das Interface ist schlau gewählt: Bei normalem Blick durch die Umgebung taucht keinerlei Anzeige auf, die das Mittendrin-Gefühl zerstören könnte. Mit einem Blick herab auf den Körper jedoch sehen Spieler nicht nur all ihre verfügbaren Waffen, sondern auch wie viel Munition der unterschiedlichen Kaliber und wie viele Granaten wir mit uns führen. Schlau gelöst! Weiterhin stellt eine Uhr am linken Handgelenk das Menü dar, ebenfalls mit Gesundheitsanzeige, was das Interface wirklich gelungen abrundet.
Doch wie funktioniert denn jetzt eigentlich das Nachladen? Mit gezückter Waffe drücken Spieler den Menü-Button, um das leere Magazin herausfallen zu lassen. Anschließend führen sie die Waffe in das Munitionslager auf Brusthöhe – schon kann das Gefecht weitergehen. Es funktioniert gut und macht das Nachladen zum großen Spaß, denn so fühlte ich mich vollbepackt mit Munitionsgurten wie ein Actionstar in einem Hollywood-Blockbuster.
Arizona Sunshine ist eins der ersten VR-Spiele mit vollständiger Kampagne. Wir bewegen uns durch eine Handvoll schlauchartiger Gebiete und müssen die Massen an heranstürmenden Zombies überleben. Dazu wird eine Story präsentiert, die zwar inhaltlich nicht allzu viel zu bieten hat. Doch allein, dass eine seichte Handlung erzählt wird, hebt die Qualität des Spiels an. Auch überzeugt ein englischer Sprecher, der die Geschichte mit Selbstgesprächen vorantreibt. Die Kampagne hat mir außerordentlich gut gefallen. Das Pacing ist gelungen und so hat mich nach dem Auftakt-Level am Tageslicht allen voran ein Ausflug in eine stockfinstere Mine begeistert. Mit einer Taschenlampe ausgerüstet, bietet sich hier eine schaurig schöne Atmosphäre. Ein stimmungsvoller Soundtrack und grauenvolles Zombiegestöhne tragen ebenfalls dazu bei. Durch immer stärkere Waffen und ein generell solides Leveldesign war ich wirklich bestens von der Kampagne unterhalten und verspürte keine Sekunde Langeweile. In diesem Aspekt fühlt sich Arizona Sunshine so gut ausgearbeitet an wie kaum ein anderes VR-Spiel. Ich hatte stets das Gefühl, einen vollwertigen AAA-Titel zu erleben. Schade nur, dass der gruselige Ausflug nach rund 4-5 Stunden vorbei ist. Für ein VR-Erlebnis ist das eine wahrlich gute Ausbeute. Doch hätte ich mir dennoch die ein oder andere Stunde oben drauf gewünscht.
Die habe ich auch bekommen! Denn bietet Arizona Sunshine neben der Kampagne auch einen Horden-Modus an, in dem sich Spieler nach Abschluss der Geschichte austoben können. Das besondere dabei ist die Tatsache, dass wir mit bis zu drei weiteren Online-Spielern in den Kampf ziehen können. Es macht besonders viel Spaß, einem Freund Deckung zu geben und gemeinsam auf die Zombies zu schießen. Ich kann empfehlen, den Schwierigkeitsgrad etwas höher zu drehen. Auf diese Weise wird Arizona Sunshine zum kniffligen Shooter, der stets eine angespannte und schaurige Atmosphäre bietet. Gemeinsam mit einem oder gar mehreren Kollegen ist das Horden-Level spaßig zu bewältigen. Ich hoffe allerdings, dass zur bisher einzigen Karte in Zukunft noch weitere stoßen. Ein weiterer Online-Modus wurde jedenfalls schon von Entwickler Vertigo Games bestätigt, auch wenn noch nicht feststeht, ob dieser per Gratis-Patch oder kostenpflichtigem DLC kommt. Bis es jedoch so weit ist, lässt sich auch die Kampagne im Online-Koop erleben. Wir können einen Gefährten mit auf die Reise durch den Canyon nehmen, was wie im Horden-Modus den Spaß in die Höhe schießen lässt.
Arizona Sunshine – Fazit
Der Horden-Modus konnte mich trotz einer einzigen Spielumgebung gut unterhalten, doch ist die Kampagne für mich das Highlight. Die weitestgehend linearen Gebiete sind gefüllt mit atmosphärischen Zombie-Begegnungen, die mir nicht selten die Haare zu Berge stehen ließen. VR ist für solch einen Arcade-Shooter im Survival-Gewand schlichtweg perfekt geeignet. Das Gefühl der Präsenz ist selbst mit Teleportationsmechanik absolut gegeben. Doch freute ich mich sehr darüber, dass auch ein Fortbewegungsschema zum künstlichen Laufen hinzugefügt wurde. Auf diese Weise macht die Erkundung der Gegend noch mehr Spaß!
Arizona Sunshine gehört zu den beeindruckendsten Erlebnissen in der virtuellen Realität. Das kommt allen voran daher, dass der Titel sehr fein ausgearbeitet wirkt. Das stellt eine tolle Abwechslung zum Early-Access-Wahn dar. Wer auf der Suche nach einer vollwertigen Kampagne in einem VR-Spiel und adrenalingeladener Zombie-Action mit einem coolen Munition-Nachlade-Konzept ist, wird mit Arizona Sunshine verdammt viel Spaß haben. Der Preis von 39,99€ mag für ein VR-Spiel happig klingen, doch gibt es neben der Kampagne auch den Horden-Modus. Zudem wartet jede Menge Online-Koop-Spaß auf die Spieler. Mit neuem Inhalt in Ausblick, bietet Arizona Sunshine das bisher wohl rundeste Gesamtpaket, das ich auf der Vive bisher erlebt habe.