Releasetermin: 07.08.2018
Medientyp: Blu-ray Disc, Download
Genre: Plattformer
Entwickler: Motion Twin
Herausgeber: Motion Twin
Seit dem Beginn der Early-Access-Phase von Dead Cells ist inzwischen weit über ein Jahr vergangen. In der Zwischenzeit haben die Entwickler von Motion Twin fleißig an Updates und Erweiterungen gearbeitet – seit August ist das Spiel nun als Vollversion für PC, PS4, Xbox One und Nintendo Switch erhältlich. Was sich hinter dem erfolgreichen Indie-Hit verbirgt und ob die spannende Rogue-like-Formel aufgeht, kläre im ich folgenden Test zu Dead Cells.
Metroidvania-Plattformer mit Extras
Dass spaßige Rogue-like-Spiele mein Suchtzentrum angreifen können, stellte vor einigen Jahren schon The Binding of Isaac unter Beweis. Top-down-Schießereien und Dungeon-Architektur nach der Art von The Legend of Zelda sollte ich in Dead Cells allerdings nicht erwarten, stattdessen aber phänomenale Plattformer-Action im Metroidvania-Stil. Doch zurück auf Anfang: Als eine Art Phantomkrieger beginnt ihr in den Gefangenenunterkünften um euch durch verschiedene Fantasy-Dungeons zu kämpfen und Bossgegner zu besiegen. Die Story der geheimnisvollen Spielwelt wird zwar an einigen Ecken durch die Kulissen und gewisse Charaktere angerissen, obliegt in der Interpretation aber größtenteils dem Spieler selbst. Das ist von den Entwicklern aber auch klar so gewollt – ab und an wird auch die vierte Wand gebrochen und zeigt, dass sich Dead Cells bewusst nicht todernst nimmt.
Schon bei meinem ersten Ausflug durch die Welten von Dead Cells machte das Kampfsystem einen sehr guten Eindruck. Ausgerüstet mit Nah- und Fernkampfwaffen stellte ich mich verrückten Fantasy-Monstern und diversen tierischen Ungeheuern, muss an einigen Stellen aber auch Stacheln oder umherschwingenden Stahlkugeln ausweichen. Trotz der schnellen und punktgenauen Steuerung wurde mir aber schnell klar, dass zügiges Vorgehen nicht immer die beste Wahl ist. Manche Feinde springen den Protagonisten flink an, andere attackieren aus der Ferne oder hinterlassen nach dem Ableben einige Sprengkörper – stelle ich mich ungeplant dem Kampf, kann das gnadenlose Folgen haben. Und so dauert es keine zehn Minuten und mein Charakter geht zum ersten Mal zu Boden.
Runde zwei, drei, vier…
Und jetzt kommt der Rogue-like-Aspekt zum Einsatz. Bedeutet im Klartext: Gestorben? Du musst komplett von vorne beginnen! Aber so schwer kann das ja nicht sein, schließlich sind mir die ersten Abschnitte ja schon bekannt. Doch falsch gedacht: Die Level von Dead Cells gleichen sich zwar in Kulissen und Details, ihr Aufbau wird aber mit jeder Runde nach dem Zufallsprinzip neu generiert. Der Clou: Bei jedem Versuch habt ihr etwas bessere Voraussetzungen, an das Ende von Dead Cells zu gelangen. Das liegt nicht nur daran, dass ihr das Kampfsystem mit Angreifen, Ausweichen und Blocken mit jedem Mal besser verinnerlicht, sondern auch an freischaltbaren Sachen für einen besseren Spielstart. Essenziell sind dafür die blauen Zellen, die ihr oft durch das Töten von Monstern erhaltet.
Schafft ihr es durch ein komplettes Areal, betretet ihr vor dem Start des nächsten Abschnitts immer eine Sicherheitszone. In dieser dürft ihr euch unter anderem Heilen und die gesammelten Zellen einsetzen. Beim sogenannten Sammler könnt ihr die blauen Kugeln zum Beispiel verwenden, um nachfolgend bei jedem neuen Start eine gewisse Menge an Geld aus dem letzten Versuch behalten zu dürfen. Oder um stets einen Heiltrank mitzuführen, der euch in brenzligen Situationen das Leben retten kann. Oder um nicht mehr mit einem gewöhnlichen Bogen oder Schild zu starten, sondern euch nach und nach eine zufällige Palette aus mächtigeren Waffen zusammenstellen zu können. Eine weitere Dienstleistung der Sicherheitszone sind Mutationen: Diese passiven Unterstützungen lassen euch zum Beispiel nach jedem besiegten Gegner etwas Lebensenergie regenerieren oder nach Kombos für einige Sekunden zusätzlichen Schaden austeilen. Doch auch innerhalb der Dungeons könnt ihr euch stärken, etwa durch Status-Boosts oder Item-Käufe in Shops auf eurer Reise.
Jeder Lauf ist anders
Ich war besonders begeistert von der Tatsache, dass sämtliche Waffenklassen aus Dead Cells deutliche Unterschiede in der Handhabung aufweisen. Natürlich gibt es klassische Schwerter, die entweder auf hohen Schaden oder auf eine schnelle Angriffsfrequenz ausgelegt sind. Dazu kommen aber auch elektrisierende Peitschen, verschiedenste Bögen, Wurffackeln oder -messer, eisige Frostangriffe und vieles mehr. Aus diesen Nah- und Fernkampfwaffen könnt ihr nach Belieben zwei Ausrüstungs-Slots füllen, die anderen beiden sind unter anderem für Granaten oder assistierende Taktikgeschütze gedacht. Damit das ganze noch ein bisschen spannender wird, haben sämtliche Waffen, die ihr auf eurem Weg findet, weitere Zusatzfähigkeiten. Mal verschießt ein Bogen einen zusätzlichen Pfeil nach hinten, ein anderes Mal hinterlässt das Schwert eine grüne Giftwolke, die Feinden schaden kann, und erhält einen Schadensbonus bei Angriffen gegen blutende Gegner. Diese Aspekte laden den Spielern zu experimentellen Waffenkombinationen ein – in Verbindung mit den Mutationen machen sich außerdem sehr kreative Taktikmöglichkeiten auf.
Bei Rogue-likes stellt sich natürlich stets die Frage, ob das immer gleiche Spielprinzip langfristig eher motiviert oder frustriert. Doch Dead Cells macht in diesem Punkt vieles richtig. Die einzelnen Areale bieten optisch deutliche Unterschiede und ganz verschiedene, immer kniffliger werdende Gegner. Angefangen bei der giftig-lilanen Promenade der Verdammten über die Gefängnisdächer, die in eine orangene Abenddämmerung gehüllt ist, bis hin zu der Schwarzen Brücke in blauem Mondlicht wird grafisch eine große Bandbreite abgedeckt. Eine zentrale Stärke ist auch der Pixel-Grafikstil, der sehr viel Wiedererkennungswert besitzt und zum Setting wie die Faust aufs Auge passt. Schön ist auch, dass nach einiger Zeit kleinere Abkürzungen oder Alternativwege geboten werden, zum Beispiel indem ihr durch eine dauerhafte Runenfähigkeit plötzlich von der Promenade der Verdammten zur toxischen Kanalisation gelangen könnt. Außerdem ist das Leveldesign je nach Abschnitt sehr verschieden. Während die Kanalisation sehr verwinkelt aufgebaut ist, sind die Gefängnisdächer zum Beispiel eher vertikal kreiert.
Mit der Zeit monoton?
Trotzdem blieben bei meinem Spieldurchlauf einige Längen nicht aus, denn ab irgendeinem Punkt können zumindest die ersten Abschnitte nicht mehr überraschen – hier hätten sich die Entwickler noch etwas überlegen sollen. Doch Dead Cells spielt sich glücklicherweise sehr schnell und kann durchweg mit seiner Grafikpracht und dem großartigen Soundtrack überzeugen. Die Waffenhatz und das faire Gameplay überraschen zudem immer wieder mit kleinen Ergänzungen, etwa durch besondere Kampfumstände oder knackige Bossgegner. Auch die tägliche Herausforderung, die euer gesamtes Können auf die Probe stellt, ist eine gelungene Abwechslung. Ein kleiner Kritikpunkt sind jedoch kleinere Einbrüche der Bildrate, die im Spiel aber nur selten fatale Folgen mit sich ziehen.