Releasetermin: 28.02.2017
Medientyp: Blu-ray Disc, Download
Genre: Action-Adventure
Entwickler: Guerilla Games
Herausgeber: Sony Interactive Entertainment
Selten hat ein Exklusivspiel für die Playstation 4 schon unmittelbar nach der Ankündigung einen solch großen Hype entfacht und es zudem geschafft, diesen auch bis zur Veröffentlichung aufrecht zu erhalten. Mit Horizon Zero Dawn versuchen sich die Entwickler der Killzone-Reihe an einer riesigen postapokalyptischen Welt zwischen Natur und Science Fiction, in der sie auch mit erstklassiger Technik, innovativem Gameplay und einer interessanten Geschichte punkten wollen. Die Ambitionen sind groß, die Erwartungen an das Studio ebenso, schließlich erwarten einige Fans bei Horizon Zero Dawn eines der besten Spiele für Sonys Heimkonsole. Doch wird das Spiel der hohen Erwartungshaltung gerecht oder könnten die Käufer enttäuscht werden?
Eine Welt voller Geheimnisse
Horizon Zero Dawn lädt den Spieler nicht nur in eine der interessantesten, sondern gleichzeitig auch wunderschönsten Postapokalypsen der aktuellen Konsolengeneration ein. Wem die Welt von Fallout 4 zu kahl ist, der wird sich schon in den ersten Momenten von Horizon Zero Dawn über die abwechslungsreiche Vegetation der Schauplätze freuen. Nachdem unbekannte Begebenheiten das Leben auf dem Planeten Erde nahezu vollständig ausgelöscht haben, gewann die Natur den Planeten zurück, sodass wir Zeuge zahlreicher Naturphänomene und erstklassiger Setpieces werden. Doch neben den verschiedenen menschlichen Stämmen wird die Spielwelt vor allem von gewaltigen Kampfmaschinen belebt, welche den Fortschritt einer zurückliegenden Zivilisation zumindest erahnen lassen. Zusätzlich gibt es an verschiedensten Orten Ruinen, Reste von Bauwerken oder andere Überbleibsel der Vorfahren, welche sich langsam wie ein Puzzle voller Hinweise über die Vorgeschichte zusammensetzen.
Und dieses Puzzle gilt es in eurem Spieldurchlauf durch Horizon Zero Dawn nach und nach zu füllen. In der Rolle der Protagonistin Aloy führen gewisse Umstände schon früh dazu, dass ihr dazu auserkoren werdet, die Welt auch außerhalb der sicheren Zone eures Stammes weiter zu erkunden. Das geheimnisvolle, unerforschte Setting trägt die Handlung von Horizon Zero Dawn dabei schon fast alleine: über eine Spielzeit von knapp 20 Stunden lerne ich etwas über die Stammeskultur, politische und religiöse Aspekte der jetzigen Zivilisation und vor allem etliches über die verschiedenen verfeindeten Maschinen und ihre Herkunft. Genauso geht eine unbekannte Bedrohung von einem feindlich gesonnenen Stamm aus, über deren Motive und Gründe es zunächst keine Informationen gibt. Es fällt dabei auf, dass die Killzone-Macher in Sachen Storytelling seit ihren letzten Werken einen großen Sprung vollführen konnten. Ein glaubhaftes Universum zu etablieren gelang ihnen bereits in der Vergangenheit, aber dieses auch so umfangreich und gehaltvoll zu füllen wie in Horizon Zero Dawn, das war ihnen in meinen Augen bislang noch nicht in diesem Maße gelungen.
Das Auge isst mit
Mein Entdeckerdrang beim Erkunden dieses Universum wird regelmäßig befriedigt: neben Wäldern, Flussläufen, Steppen und verschneiten Berggipfeln entdecke ich abseits von Aloys Heimat Außenposten, Dörfer oder auch ganze prall gefüllte Städte. Und ohne zu sehr auf diesem Punkt hängen zu bleiben: Horizon Zero Dawn sieht dabei nicht nur gestalterisch, sondern auch technisch absolut beeindruckend aus. Kaum ein Videospiel hat mich bisher mit einer so abwechslungsreichen Naturgestaltung und filigranen Detailsetzung überzeugt. Dazu kommen erstklassige Lichteffekte, die besonders in Kombination mit den unterschiedlichen Wetterbedingungen für einerseits total verschiedene, andererseits aber gleichermaßen atemberaubende Ausblicke sorgen. Die Kulisse wirkt unverbraucht, vielfältig, in sich geschlossen und auf ein Wort heruntergebrochen: wunderschön. Selbiges gilt auch für die variabel kreierten Charaktere, ihre Gesichter und die gelungenen Animationen. Doch auch wenn Aloy wegen ihres einprägsamen Aussehens und ihrer durchaus interessanten, mysteriösen Vorgeschichte in Erinnerung bleiben wird, so gelang es Guerilla Games leider nicht, mich auch emotional an sie zu binden. Genauso wird leider vieles der Hintergrundgeschichte nur passiv in auffindbaren Notizen und Audio-Logs erzählt, anstatt aktiv kommuniziert zu werden. Das wäre halb so schlimm, würde diese Erzählung nicht komplett auf das letzte Drittel des Spiels fallen – als Folge blieben viele der Texte und Tonaufnahmen von mir unbeachtet. Zu sehr hätte mich ein ständiges Stoppen und Lesen aus dem Spielfluss gerissen. Schon besser gefiel mir die Möglichkeit, die Dialoge des Spiels in gewisse Richtungen lenken zu können. Zwar präge ich hiermit nicht den Verlauf der Geschichte, ich kann mir aber die Informationen einholen, die mich interessieren, und Aloys Charakter ein wenig nach meinen Vorstellungen formen. Doch auch ohne sich jede einzelne Information zusammenzusuchen versteht man die geheimnisvolle Geschichte problemlos und wird gegen Ende auch Zeuge eines episch inszenierten Finales.
David gegen Golliath
Doch mehr zum Weg dahin: unausweichlich sind in der Geschichte und auf der Suche nach neuen Erkenntnissen die euch feindlich gesonnenen Maschinen. In einer alten Ruine fand Aloy in jungen Jahren ihren Fokus, einen technischen Metallchip, der ihr Informationen über sämtliche Objekte, Personen und Maschinen in der Umgebung verrät. Das kommt ihr sehr gelegen, da sie den mächtigen Kreaturen sonst oftmals absolut hilflos ausgeliefert wäre. Bei eurer Reise durch die großen Weiten der Spielwelt werdet ihr patrouillierenden Maschinen, ganzen Herden grasender Roboter oder auch riesigen kampflustigen Varianten begegnen, die euch, sobald sie Aloy entdeckt haben, nach dem Leben trachten werden. Horizon Zero Dawn lässt euch dabei sehr viel Freiheit in der Lösung solcher Probleme: oft sehr empfehlenswert ist es, sich nach und nach an den Maschinen vorbei zu schleichen, dabei Deckung zu suchen und hohe Grasbüschel zur Tarnung zu nutzen. Zuvor könnt ihr Maschinen mittels Fokus erkennen, markieren und euch sogar ihre voraussichtlichen Laufrouten anzeigen lassen. Genauso ist es aber auch völlig legitim, einen komplett anderen Weg zu wählen um zu eurer Zielposition zu gelangen, wenn euch die Schleichvariante aufgrund vieler mächtiger Maschinen zu riskant erscheint.
Natürlich ist es auch möglich, sich in einem Kampf gegen die Metallfeinde zu versuchen. Horizon Zero Dawn rüstet euch neben eurem Nahkampfspeer in erster Linie mit einem Bogen aus, der dank verschiedener Upgrade-Möglichkeiten aber zu einer sehr vielfältig einsetzbaren Waffe wird. Außerdem erweitert ihr euer Arsenal im Laufe des Spiels um diverse Fallen, eine Elementar-Schleuder, einen Seilwerfer, verschiedene Bogentypen und einige andere nützliche Werkzeuge. Auch bei den actionreichen Kämpfen ist taktisches Vorgehen gefragt: Laufwege können mit Elektrofallen versehen werden, welche die Kampfmaschinen vorübergehend lähmen, sodass sie anschließend per Nahkampfangriff attackiert werden können. Genauso könnte ich auch den Seilwerfer verwenden um viele Seile an einer Maschine und am Boden zu befestigen. Dies könnte dazu führen, dass jene Maschine ins Wanken gerät, schließlich umfällt und mir damit wieder einen passenden Moment für einen ungestörten Angriff bietet. Außerdem können Höhenunterschiede genutzt werden, um starke Angriffe von oben zu vollführen oder um mich an Orte zu bewegen, welche für meine Widersacher nur schwer erreichbar sind. Natürlich zwingt die Realität mich in den Kämpfen oft zu einer Kombination vieler Taktiken, kleine Maschinen schalte ich zunächst schleichend von hinten aus, für große Maschinen platziere ich zunächst Fallen um sie anschließend aus sicherer Position zu attackieren. Da das nicht immer alles auf Anhieb funktioniert und man häufig entdeckt wird kommt es schnell zu sehr hektischen Auseinandersetzungen, in denen das Spiel nur wenige Fehler des Spielers zulässt.
Der Fokus als ständiger Begleiter
Auch in gewaltsamen Auseinandersetzungen kommt mein Fokus zum Einsatz. Dank ihm kann ich die unterschiedlichen Maschinentypen analysieren und auf Schwachpunkte und Resistenzen untersuchen. So kann man wichtige Bauteile gezielt abschießen oder feuerempfindliche Punkte der Gegner attackieren um zusätzlichen Schaden anzurichten. Besonders gut hat mir in Horizon Zero Dawn gefallen, wie viel Freiheit mir das Spiel in den zentralen Begegnungen mit der Technik vergangener Jahre lässt und wie es mich durch die unterschiedlichen Arten von Maschinen stets auf neue Art herausfordert. Ich fühle mich zwar erstmal unterlegen, befinde mich aber in der Lage mit richtigem Vorgehen viele der Kreaturen schon früh ausschalten zu können – auch wenn das Spiel das wirklich nicht einfach macht. Hat man eine Maschine erlegt, winken Belohnungen in Form von Ressourcen und sonstigen Bauteilen. Weitere Quellen für nützliche Rohstoffe sind umherlaufende Tiere und die vielen Pflanzen und Sträucher in der Umgebung. Einmal eingesammelt, könnt ihr die Ressourcen für die Herstellung weiterer Waffen und Munition verwenden, Wildschweinfleisch und weitere Zutaten zu Heiltränken umsetzen oder eure Tragekapazitäten erhöhen. Außerdem werden euch Händler für seltene Bauteile belohnen oder zum Handel gegen andere Gegenstände bereit sein.
Nach Abschluss von Missionen oder durch das Töten von Maschinen erhaltet ihr zudem Erfahrungspunkte, durch welche ihr nach Level-Ups von Aloy neue Fähigkeiten freischalten könnt. Der Fähigkeitenbaum in Horizon Zero Dawn ist zwar nicht die umfangreichste RPG-Komponente, die ich je in einem Open-World-Actionspiel gesehen habe, dafür ist sie aber sehr übersichtlich gestaltet und beschränkt sich nicht auf einfache Werte-Boosts. Stattdessen erhaltet ihr wirklich nützliche Fähigkeiten, wie die Möglichkeit die Zeit zu verlangsamen, mehr Rohstoffe zu finden oder stärkere menschliche Gegner lautlos auszuschalten. Weitere Anpassungen könnt ihr zudem durch die sogenannten Spulen vollziehen. Durch diese lassen sich eure Waffen in ihren Werten steigern und um diverse Elementarschäden ergänzen. Das ganze System rund ums Aufleveln, die Ausrüstung, die Rohstoffbeschaffung und das Crafting erinnern mich zwar gelegentlich an Titel wie Far Cry oder Tomb Raider und sind nicht absolut innovativ, Horizon Zero Dawn gelingt es aber viele positive Aspekte moderner Open-World-Titel zu adaptieren und in einem neuen Spiel zu vereinen. Viele Spielmechaniken wirken vertraut und gehen gut von der Hand, fühlen sich aber allein dank des unverbrauchten Settings und den kreativen Kämpfen gegen die Maschinen trotzdem nicht eingestaubt an.
Lob für die Abwechslung, Kritik im Detail
Zwischen Auseinandersetzungen mit den Maschinen, feindlichen Menschen, Crafting und Rohstoffbeschaffung führt euch ein Gerüst aus Haupt- und Nebenmissionen durch die große offene Welt von Horizon Zero Dawn. Guerilla Games schafft es interessanterweise, den verschiedenen Gebieten der offenen Spielwelt in entscheidenden Momenten einen leitenden linearen Aufbau zu verpassen um dann wieder die inszenatorische Oberhand zu gewinnen, wenn es das Spiel braucht. Im abwechslungsreichen Missionsdesign werdet ihr nicht nur die Oberfläche und Ruinen alter Tage bereisen, sondern auch Gebiete untersuchen, Spuren verfolgen und feindliche Lager infiltrieren. Die Nebengeschichten wirken nicht nur wie Füllmaterial, zusätzlich gibt es diverse Herausforderungen, Sammelgegenstände und andere Aufgaben, die euch auch nach Abschluss der Hauptgeschichte noch für viele weitere Stunden unterhalten werden. Damit wird Horizon Zero Dawn zu einem sehr abwechslungs- und umfangreichen Abenteuer, das mich zu keinem Zeitpunkt gelangweilt hat oder auf irgendeine Weise gestreckt wirkte.
Kritik an Horizon Zero Dawn liegt daher wirklich im Detail findet nur auf höchstem Niveau statt. Neben der schon angesprochenen ausbleibenden Identifikation mit Aloy und der fragwürdigen zeitlichen Aufteilung der Erzählung sind es vorwiegend spielerische Kleinigkeiten, die mich von der Höchstwertung abhalten. Zum Beispiel kommen die Kletterpassagen des Spiels absolut ohne Anspruch daher und trotz der Tatsache, dass Aloy die Fähigkeit des Kletterns eigentlich beherrscht, lässt mich das Spiel sie nur an vorgesehenen und offensichtlichen Stellen einsetzen. Die resultierende Einschränkung meiner Kreativität bei der Erkundung der Welt oder im Vorankommen in Missionsgebieten hat mich mehr als einmal schwer gestört. Zusätzlich werdet ihr mehrmals mit sehr langen Ladezeiten und seltenen, aber vernachlässigbaren, Bugs konfrontiert werden. Doch dafür punktet das Spiel wieder an einem anderen Ende: musikalisch steht Horizon Zero Dawn den Science-Fiction-Abenteuern aus Killzone in nichts nach. Erneut war Joris de Man für den Soundtrack verantwortlich und konnte besonders dank ausgesprochen beeindruckender Produktionsqualitäten für eine ansprechende und passende musikalische Begleitung von Aloys Reise sorgen.