Releasetermin: 15.02.2019
Medientyp: Blu-ray Disc, Download
Genre: Kampfspiel
Entwickler: Spike Chunsoft
Herausgeber: Bandai Namco Entertainment
Crossover-Videospiele sind schon eine tolle Sache: Charaktere und Schauplätze verschiedenster Bücher, Filme oder Games treffen aufeinander und bringen bei jedem Fan die Augen zum Leuchten. Gerade das Genre der Fighting-Games ist quasi prädestiniert dafür, unterschiedliche Universen zusammenzuführen. Nicht umsonst kloppt sich seit jeher die gesamte Nintendo-Riege in Super Smash Bros., während es in Marvel vs. Capcom zu aufregenden Kämpfen zwischen Iron Man und Ryu kommt. Das neuste Kämpfer-Gipfeltreffen nennt sich Jump Force. Zum fünfzigsten Geburtstag des Shonen Jump-Magazins bringt Bandai Namco Entertainment Anime- bzw. Manga-Charaktere aus verschiedenen Franchises zusammen in den Ring. Ob das Ergebnis ein ordentliches Kampfspiel oder doch nur ein Blendwerk für Fans ist, erfahrt ihr im folgenden Test.
Kämpfer mit Rang und Namen
Das Line-Up des kämpferischen Spektakels kann sich durchaus sehen lassen: Stolze 40 Charaktere aus 16 verschiedenen Franchises treffen in Jump Force aufeinander. Die bekanntesten Charaktere darunter sollten selbst Anime-Laien ein Begriff sein. Promintente Fighter wie Son Goku oder Vegeta aus Dragon Ball, Monkey D. Ruffy aus One Piece und auch Naruto Uzumaki füllen die Kämpferriege mit einigen der berühmtesten Charaktere ihres Genres. Gleichzeitig lässt das Aufgebot aber auch Platz für einen Auftritt eher unbekannterer Charaktere aus Manga- oder Anime-Reihen, die dem durchschnittlichen Anime-Zuschauer vielleicht weniger ein Begriff sind. Doch gerade absolute Fans sollte es freuen, dass es auch Figuren aus JoJo’s Bizarre Adventure, Rurouni Kenshin oder Saint Seiya das Feld stürmen – wenn auch in geringerer Quantität als bei den ganz großen Franchises.
Wer bei diesem Epos der Ikonen auch eine epische Handlung erwartet, könnte aber etwas enttäuscht werden. Bandai Namco Entertainment bemüht sich durchaus, das Zusammentreffen in eine typische Gut-gegen-Böse-Story einzubinden, liefert aber nicht die notwendige Tiefe, um vollends zu überzeugen. Im Grunde geht es um die namensgebende Jump Force, ein Team aus Anime-Helden, das in die reale Welt reist um sie vor den bösartigen Venoms zu schützen. Diese unspektakuläre Prämisse wird im Laufe des Abenteuers in Form kleiner Zwischensequenzen und diverser Dialoge vorangetragen, bleibt aber durchweg weit unter den Möglichkeiten zurück. Gerade in den Cutscenes sorgen die schwachen Animationen und die merkwürdigen Gestiken bzw. Mimiken der Figuren schnell für ungewolltes Gelächter. Auch die Gespräche bleiben oberflächlich und frühstücken die Charakterzüge von Ruffy, Naruto und co. nur sehr rudimentär ab.
Anime trifft auf Realismus
Ich denke, dass der ein oder andere Fan sicherlich bei der Beschreibung des Settings schlucken musste. Eine Verbindung aus Anime und der realen Welt? Kann das denn überhaupt gut gehen? Doch tatsächlich: Abseits der Zwischensequenzen präsentiert sich das effektreiche Kampfspiel mehr als solide. Die Kämpfer wurden für Jump Force in einem halb-realistischen Stil gestaltet, durch den sie stellenweise den Look von Action-Sammelfiguren erhalten haben. Das hat bei einigen Charakteren wesentlich besser funktioniert als bei anderen, bricht die doch sehr unterschiedlichen Universen aber sinnvoll in einen einheitlichen Stil. Gegen unglaublich stilsichere Titel wie das grafisch beeindruckende Dragonball FighterZ zieht Jump Force aber dennoch den Kürzeren.
In den Kampfarenen zeigt sich dann aber die wirkliche Stärke von Jump Force: Hier dürfen sich besonders Fans von actionreichen Animes auf ein Spektakel freuen, denn auf dem Bildschirm spielt sich durchgängig ein optisches Feuerwerk ab. Wenn Yugi kurzerhand Slifer den Himmelsdrachen beschwört und Son Goku wenige Sekunden später mit einem kraftvollen Kamehameha den Bildschirm füllt, dann schlägt jedes Fanherz sofort schneller. Während in den schnellen Gemetzeln reihenweise Angriffe und Kombos aufeinandertreffen, spart Jump Force nicht an Effekten und hüllt das Geschehen in sprühende Funken, grelle Lichter und große Explosionen. Gleichzeitig verstecken die Entwickler durch das große Bildschirmgewusel aber auch geschickt einige der Schönheitsfehler von Jump Force, etwa matschige Umgebungstexturen oder kleinere Makel an den Charaktermodellen. So faszinierend die Kämpfe aber optisch auch sein können, manchmal ist so viel los, dass die Übersicht etwas flöten geht. Das könnte besonders Anfänger überfordern, wird aber auch dem ein oder anderen Veteranen zu viel Ablenkung sein.
Lasst die Fäuste fliegen!
Das Kampfkonzept von Jump Force ist auf den ersten Blick gewöhnungsbedürftig, aber dennoch schnell erlernt: In jedem Battle stehen sich zwei 3er-Teams in ansehnlichen 3D-Arenen gegenüber. Gleichzeitig am Kampf beteiligt ist davon jedoch immer nur ein Kämpfer pro Team, die anderen Helden warten derweil auf der „Ersatzbank“ auf ihren Einsatz. Um die Energieleiste eures Gegenübers auf Null zu bringen, feuert ihr reihenweise Fertigkeiten auf den Feind und weicht nebenbei den Angriffen gegen euch aus. Dabei könnt ihr euch frei in den Kampfschauplätzen bewegen, euer Gegner bleibt aber immer für den nächsten Angriff anvisiert. Besonderes Augenmerk müsst ihr im Kampf auf verschiedene Anzeigen legen, die an den Bildschirmrändern aufleuchten. Die Fertigkeiten-Anzeige zeigt beispielsweise eure Energie für starke Spezialangriffe an, eure Mobilitätsanzeige gibt an, wie viel Kraft ihr noch für kleinere Sprints oder das Ausweichen übrig habt. Ist eure Ultimate-Leiste gefüllt, könnt ihr zu besonders mächtigen Angriffen greifen. Einige Charaktere können sich dann sogar in eine noch kraftvollere Version ihrer Selbst verwandeln.
Das Kampfsystem ist schnell verinnerlicht, da die Grundprinzipien der Steuerung, etwa für das Blocken, Ausweichen und simple Angriffe, für jeden Charakter gleich sind. Spürbare Unterschiede zeigen die 40 Kämpfer dennoch durch ihre Spezialfähigkeiten und Charakteristika. Dass sich die Kämpfer mit ikonischen Angriffen attackieren und im Hintergrund der Planet Namek (Dragonball) oder die Insel Marineford (One Piece) als schön gestaltete Kulisse dienen, ist ein hervorragender Fanservice.
Jeder Kämpfer ist anders
Wie in vielen anderen Kampfspielen auch, tummeln sich in der Kämpferriege von Jump Force sowohl sehr agile als auch besonders offensive bzw. defensive Kämpfer. Das sorgt für Abwechslung, zumal sich die bekannten Charakter-Designs deutlich voneinander unterscheiden und die einzelnen Kämpfer auch über sehr verschiedene Movesets verfügen. Besonders beim Parieren, dem Ausweichen und den Reichweiten von Angriffen gibt es aber noch etwas Ausbaubedarf: So ganz ausgewogen wirkt das Balancing der Kämpfer noch nicht. In kommenden Patches wird Bandai Namco Entertainment daran aber sicherlich noch nachbessern. Außerdem ist mit den bisherigen Charakteren noch lange nicht Schluss: In Form eines Season Pass sollen insgesamt neun weitere Kämpfer in das Roster aufgenommen werden, den Anfang macht im Mai unter anderem Seto Kaiba aus Yu-gi-Oh!
In der Kampagne selbst seid ihr aber die meiste Zeit über mit eurem persönlichen Avatar unterwegs. Zu Beginn des Spiels erstellt ihr hierzu euren eigenen Charakter, indem ihr im Editor die Statur, Frisur, Stimme und zusätzliche Merkmale wählt. Im Laufe des Spiels könnt ihr euren Avatar dann nicht nur optisch durch diverse Outfits weiter personalisieren, sondern ihm auch immer wieder neue Fertigkeiten – inspiriert von Fähigkeiten der anderen Jump Force-Mitglieder – sowie weitere Status-Vorteile beibringen, bis ihr euer Lieblings-Moveset gefunden habt. Zwischen den Missionen seid ihr in einer großen Lobby unterwegs, der sogenannten Umbras-Basis der Jump Force. Sie dient als Ausgangspunkt für Missionen, Story-Aufgaben oder Dialoge, aber auch einfache Online-Matches (lokal oder online) steuert ihr von hier aus an.
Weniger ist manchmal mehr
Der Grundgedanke ist wirklich cool: Habt ihr eine Online-Verbindung, erscheinen in eurer Umbras-Basis auch zahlreiche weitere Online-Spieler. Dadurch entsteht auf den ersten Blick echtes MMO-Feeling, bei näherer Betrachtung ist dieses Konzept aber in vielen Punkten unnötig lästig. So sind die Interaktionsmöglichkeiten mit anderen Spielern sehr rudimentär und könnten auch simpler gelöst werden. Zusätzlich sind die Areale der Lobby so weitläufig gestaltet, dass es immer wieder zu langen Laufwegen zwischen Missionen, Dialogen oder auch den Shop- oder Multiplayer-Thresen kommt. Gerade für ein schnelles Match mit Freunden hätte eine simple Benutzeroberfläche, etwa ein Quick-Menu, mehr Sinn gemacht.