Releasetermin: 08.11.2019
Medientyp: Blu-ray Disc, Download
Genre: Arcade-Rennspiel
Entwickler: Ghost Games
Herausgeber: Electronic Arts
Die Need for Speed-Reihe gehörte einst zum Prominentesten, was das Racinggenre zu bieten hat. Insbesondere zu PS2-Zeiten erlebte die Reihe ein Hoch, was sie anschließend nicht mehr erreichen sollte. In den letzten Jahren hatten EAs Versuche, der Serie neues Leben einzuhauchen, nur mäßig Erfolg. Doch da der Markt sich zunehmend immer weniger für Rennspiele, gerade Arcade-Racer, zu interessieren scheint, ist es nicht verwunderlich, dass die Need for Speed-Spiele aktuell einen schweren Stand haben. Mit Need for Speed Heat hat EA im November erneut einen Kandidaten ins Rennen geschickt. Heat soll sich auf die Stärken konzentrieren, die Need for Speed in der Vergangenheit so berühmt gemacht haben. Illegale Straßenrennen in der Nacht, vielfältige Tuningmöglichkeiten und spannende Polizeiverfolgungen. Schafft es Heat, die NFS-Reihe mit diesem Konzept wieder relevant zu machen?
Kitschige Story, die diesmal etwas in den Hintergrund rückt
Spätestens seit NFS Underground im Jahre 2003 ist es für Spiele der Reihe üblich, mit einer kitschigen Story daherzukommen. Diese kann als Rahmen für das Renngeschehen als unnötig angesehen werden, doch zumeist konnte ich den verrückten Geschichten einen gewissen Unterhaltungsfaktor abgewinnen. Während es vergangene Spiele mit ihren Charakteren und Handlungssträngen gerne auch mal über die Spitze trieben, hält sich Heat mit seiner Story vergleichsweise bedeckt. Der Spieler findet sich in Palm City vor, das vermeintlich an Miami angelehnt ist. Hier wollen wir uns einen Namen in der Racingszene und bei den großen Gangs der Stadt Werbung für unsere Fahrkünste machen. Die lokale Polizei möchte dabei nicht tatenlos zusehen und mischt die Szene auf. Überspitzte Nebenfiguren sind ebenso Teil der Story wie vorhersehbare Wendungen.
Da die Handlung aber nicht ganz so prominent präsent ist wie noch im direkten Vorgänger, störte ich mich wenig an den Mäkeln der Geschichte. Sie gibt dem Geschehen gerade zu Beginn eine schlüssige Struktur. Ansonsten trägt sie jedoch kaum positiv zur Spielerfahrung bei, ist eben aber auch nie zu aufdringlich, um negativ aufzufallen. Wie in den meisten Rennspielen plätschert sie vor sich hin und lässt mich nach wenigen Minuten schon wieder sämtliche Figurennamen und Geschehnisse vergessen. Mit einem Umfang von rund 12 Stunden haben Zwischensequenzen und Storymissionen eine angenehme Länge. Das Spiel hat ausreichend Tätigkeiten und Veranstaltungen in petto, um euch insgesamt 30 bis 40 Stunden zu unterhalten.
Optisch nett gemacht, allerdings nicht mit der spannendsten Spielwelt versehen
Schon nach wenigen Minuten finden sich Spieler in der offenen Welt von Palm City vor. Es dauerte nicht lange, bis ich mir ein Bild vom virtuellen, befahrbaren Sandkasten machen konnte – und etwas enttäuscht wurde. In einem Open World-Racer ist mir besonders wichtig, von der Spielwelt stets neue Impulse zu erhalten. Die interessante Ausgestaltung der Welt kann entscheiden, wie viel Spaß ich mit einem Racer haben werde. Und auch wenn NFS Heat optisch recht hübsch anzuschauen ist, bietet die Spielwelt in ihrem Aufbau recht wenig Abwechslung. In der Innenstadt ähneln sich viele Areale sehr. Außerhalb der Stadt hat man sich ebenfalls schnell sattgesehen. Ich finde, dass manche der Vorgänger diesen Aspekt bereits besser umgesetzt hatten. Womöglich bin ich in dieser Hinsicht von den Forza Horizon-Spielen einfach zu verwöhnt.
Tag- und Nachtwechsel und Copverfolgungsjagden als zentrale Komponenten des Spiels
Was mir hingegen gut gefällt, ist der Tag- und Nachtwechsel, den NFS Heat etabliert hat. In der Nacht gibt Palm City nicht nur optisch ein anderes Bild ab als tagsüber. Es gibt jeweils unterschiedliche Events am Tag und in der Nacht, denen sich der Spieler gleichermaßen widmen muss. Solange es hell ist, stehen genehmigte Rennveranstaltungen zur Verfügung, die sich gar wiederholen lassen. Diese stellen eine solide Option dar, um sich ein erstes Kapital anzusparen und sich mit neuen Wagenteilen oder neuen Vehikeln auszustatten. In der Nacht erwacht hingegen die illegale Rennszene zum Leben. Nehmen wir nachts an Rennen teil, spielen wir nicht nur um virtuellen Geld, sondern auch um “REP”-Ansehen, das benötigt wird, um neue Events freizuschalten.
Die größte Veränderung stellt nachts allerdings die Polizei dar, die euch gerne mal mitten in einem Rennen hochnehmen möchten. Auch tagsüber sind die Cops unterwegs – doch nachts kennen sie wirklich keine Gnade. Die Flucht vor den Cops ist unheimlich wichtig. Wird der Spieler nämlich erwischt, ist jeglicher Fortschritt aus der Nacht futsch. Nach jeder Flucht hingegen steigt ein Multiplikator, der zukünftige Belohnungen in die Höhe schießen lässt. Ebenso erhöht sich jedoch auch die Hartnäckigkeit der rasenden Polizei. Den Entwicklern ist dadurch eine spaßige Risikokomponente gelungen, die euch nach jeder Aktion vor die Entscheidung stellt, die Nacht zu beenden und den Fortschritt einzuheimsen oder noch mehr Fortschritt zu erspielen – in der Gefahr, alles bereits Verdiente zu verlieren und noch dazu eine saftige Geldstrafe aufgebrummt zu bekommen.
Schwierigkeitsbalancing mit Problemen
Dieses System kommt aber nicht ganz ohne Schwächen daher. Auf den höheren “Heat”-Stufen steigt der Schwierigkeitsgrad der Polizeiverfolgungen rapide an. Einmal nicht aufgepasst, das falsche Event gestartet, schon habt ihr eine riesige Polizeikarawane im Schlepptau und steht kurze Zeit später mit leeren virtuellen Taschen da. Aus diesem Grund kann es teilweise sinnvoll sein, einfache Events mehrfach zu spielen, bis ihr das angepeilte Ansehen erreicht habt. Dies ist allerdings langweilig und zeigt auf, dass das Balancing der Veranstaltungen und der allgemeinen Schwierigkeit nicht einwandfrei gelungen ist.
Das Spiel bietet eine Reihe von Veranstaltungen an, die ein wenig Abwechslung ins Renngeschehen bringen. Es gibt normale Rundstreckenrennen, Sprint-Events, Off-Road-Veranstaltungen, Zeitrennen, Driftdisziplinen sowie einen Modus, in dem mehrere Fahrer den Cops möglichst lange ausweichen müssen. Die Abwechslung ist gelungen, leider aber werden für die diversen Eventtypen nicht auch spezielle Wagentypen verlangt. Durch Tuning können die Vehikel in verschiedene Richtungen ausgeprägt werden, doch einen großen Unterschied machen diese Spezialisierungen nicht. Dennoch möchte ich die Tuning-Komponente positiv hervorheben. Die optische und leistungsbasierte Veränderung der Autos fällt umfangreich aus und hat für Tüftler ausreichend Inhalt in petto. Toll finde ich Upgrades, die gezielt ins Gameplay eingreifen und beispielsweise das Polizeiradar abschwächen. Ein Kernaspekt des Spiels besteht darin, virtuelle Münzen für neue Vehikel, Teile und Modifikationen auszugeben und so immer schnellere Boliden zur Verfügung zu haben.
Spaßiges Fahrgefühl, obwohl die Boliden sich grundsätzlich zu ähnlich steuern
NFS Heat behält seine Arcade-Racerausrichtung bei und bietet ein unrealistisches, aber spaßiges Fahrverhalten. Das neue Driftsystem hat mich etwas Übung gekostet, doch nach wenigen Spielstunden fühlte ich mich wie Vin Diesel in der Fast and Furious-Reihe. Wie in Arcaderennspielen üblich, fühlen sich die Wagen an, als würden sie auf dem Asphalt und dem Staub förmlich gleiten. Dieses Schwebegefühl ist mir persönlich in manchen Momenten aber zu stark aufgetragen, die Wagen fühlen sich zu schwammig an. Ebenfalls finde ich schade, dass es zwischen den verschiedenen Autos keine wirklichen Unterschiede am Fahrgefühl gibt. Alle Wagen steuern sich im Groben und Ganzen gleich und unterscheiden sich hauptsächlich hinsichtlich Beschleunigung und Höchstgeschwindigkeit. Trotzdem bin ich mir sicher, dass die meisten Fans von Arcade-Racern ihren Spaß mit dem Fahrverhalten von NFS Heat haben werden.